Die visuelle Gestalt des Prager Orlojs ist sukzessiv entstanden. In der Phase seiner Entstehung hatte Orloj wahrscheinlich nur das astronomische Zifferblatt. Die Leibung um das astronomische Zifferblatt hat viele Motive, bekannt aus den Arbeiten der Parlers Hütte in Prag. Diese Hütte beendete ihre Tätigkeit in Prag im Jahr 1419.
Die weitere Bauetappe begann dann am Ende des 15. Jahrhunderts. Das Werk des Orlojs wurde großen Änderungen von Jan Rùže, alias Meister Hanuš unterzogen und wurde in dieser Zeit um das Kalenderzifferblatt ergänzt. An der Leibung um es und an der Fassade des Orlojs überwog die Vladislav-Gotik, die aber die Parlers Elemente nicht ganz verzehrte. Die neue Gestalt unterstützte dann die Datierung der Entstehung des Orlojs ins Jahr 1490, was fast fünfhundert Jahre allgemein angenommen wurde. Die ursprüngliche Platte ist nicht erhalten geblieben, aus den späteren Gravüren ist die künstlerische Gestalt aus dem Jahr 1659 gekannt. Die Kreiskupferplatte hat einen Durchmesser von 220 cm, mit 395 Strichen, dreht sich im Uhrzeigersinn und in den früheren Zeiten verschob sie der Orloj-Bediener manuell immer um einen Strich. Die zweite Kreisplatte ist fest, mit dem Stadtwappen aus der Zeit des Vladislav II.
Um den Plattenumfang befindet sich ein schmaler Kreisring mit 365 Strahlen, die im Ausschnitt bei einzelnen Monaten mit Kalenderangaben beschrieben sind. Von Innen sind die Ziffern der Tage im Monat und sog. Sonntagszahl platziert. Weiter ist wörtlich der Heilige angegeben, dem an diesem Tag der feste kirchliche Festtag obliegt. Ganz am Rande befinden sich die Silben des Cisiojanus v.t.). Diesen Teil entwarf für den Orloj der Dichter Karel Jaromír Erben, in dieser Zeit der Prager Archivar. Die neue Platte entstand bei den umfangreichen Rekonstruktionen in der Hälfte des 19. Jahrhunderts, die dem ganzen Orloj im Grunde genommen die heutige Gestalt gaben. Sie wurde vom Josef Mánes (1820-1871) entworfen und gemalt. Der Maler hielt den Auftrag für einen prestigeträchtigen und wollte für Prag ein monumentales Werk schaffen. Zu allen seinen Teilen malte er viele vorläufige Studien. Er hatte tiefe Beziehung zur Natur, zur menschlichen Arbeit und zum schlichten Menschen. Auf dem Orloj wollte er die Saisonarbeiten auf dem tschechischen Land im Mittelalter zum Ausdruck bringen. In seiner Zeit war dies ein lebhaftes Thema. Es war in vielen Formen ein Bestandsteil der Volkskalender, Almanache und Bauernregeln und die Öffentlichkeit der tschechischen Bewegung der nationalen Wiedergeburt wurde davon angesprochen.
Klicken
sie das Bild an, es öffnet sich die erste aus der Serie der
detaillierten
Fotografien einzelner Monate.
Mittels der Steuerung im offenen Bild
können sie die Slideshow starten oder die einzelnen Monate aus den
folgenden
Verweisen öffnen.
Die grundsätzliche, gestalterische Lösung hielt der Mánes im Sinne der alten Platte bei. Es dominiert hier ein Kalenderzyklus mit zwölf Kreisen (Ø 42,5 cm) mit Motiven der Monatsarbeiten und zwölf kleineren mit Zodiakus-Zeichen (Ø 24,3 cm). Die Inspiration fand Mánes auch in den farblichen Miniaturen aus dem Pergament-Manuskript des Breviers des Kreuzherrenweltmeisters Lev aus dem Jahr 1356. Die allegorischen Bilder Mánes sind verständlich und kopieren inhaltsmäßig die alten Motive. Der Monat Januar ist die Feier der Geburt des Kindes als des Neujahrs, im Februar wärmt sich der Bauer die Füße am Feuer an und dir Frau holt das Holz, im März pflügt der Bauer, im April bindet er Bäumchen, im Mai schmückt sich ein Bursche seinen Hut und ein Mädchen pflückt Blumen, im Juni mäht er Gras, im Juli schneidet er mit der Sichel Weizen, im August drescht er das Getreide, im September ist die Zeit des Säens, im Oktober erntet er Weintrauben, im November fällt er eine Eiche und bereitet das Holz für den Winter vor, im Dezember schlachtet er dann ein Schwein. Die landschaftlichen Elemente im Hintergrund erinnern an tschechische Motiven, wie die Burg Bezdìz, das Böhmische Mittelgebirge, der Berg Øíp, Kunìtickou horu, die Burg Trosky.
Ganz individuell fasste er auf der Platte die
Zodiakus Zeichen auf. Bei denen benutzte er nur einen abstrakten,
goldenen
Hintergrund. Die Abbildung von Tieren ergänzen kleine und verspielte
mollige
Kinderfigürchen - putti, die er als Allegorien bereits in seinen
früheren
Arbeiten benutzte. Die Figuren im Wassermann und Schützen, in
der Waage
und Jungfrau malte er in wehenden
Kleidern und ohne Figürchen, aber bei den Zwillingen hat er
selbstverständlich
zwei putti. Er betonte so den Unterschied zwischen den Monaten mit der
Beziehung zur bäuerlichen Realität und den ekliptischen Zeichen.
Josef Mánes unterschrieb den Auftragsvertrag, auch wenn das angebotene Honorar halb so groß war, als seine Forderungen und den Auftrag nicht konkret spezifiziert wurde und ließ spätere, grundsätzliche Änderungen zu. Er hatte auch kein so großes Atelier, in dem er die Platte aufstellen konnte und so arbeitete er unter provisorischen Bedingungen in Räumlichkeiten des Rathaus. Außerdem musste er den Vorbehalten und Bemerkungen seitens der Kommissionsmitglieder, vor allem des Vorsitzenden Dr. J. Böhm, des Direktors der Prager Sternwarte, des Bürgermeisters Dr. V .Bìlsky und auch der Prager deutschsprachigen Presse standhalten. Der Maler war ein nerviger Mensch, mit einer gebrechlichen Gesundheit und diese Umstände kamen an ihm nicht folgenlos vorbei. Er wollte seine gestalterische Auffassung nicht aufgeben. Er missachtete auch die Ratschläge seinen Freunden mit dem Hinweis an die alte Sage, in der steht, dass derjenige nicht mehr lange am Leben bleibt, der erheblich in den Orloj eingreift. Kann sein, dass er auch seinen Rücktritt von dieser Arbeit überlegte, aber das Bestreben nach der Vollendung des Werkes war stärker. Trotzdem war bei der feierlichen Inbetriebnahme des Orlojs am 1.1.1866 die Platte nicht fertig. Zur Enthüllung war sie im Mai bereit, aber unmittelbar darauf ist der Preußisch-Österreichischer Krieg ausgebrochen und so wurde sie erst am 18. August enthüllt. Mit großem Ruhm, einem feierlichen Gottesdienst, einigen Kapellen, einer Parade der bürgerlichen Vereine, der Feuerwehr, der Schützen, unter Teilname von Amtsvertretern und Universitätsprofessoren. An dieser ganzen Feier fehlte der Autor, der bereits kranke Josef Mánes.
Kurz darauf tauchten Meinungen auf, dass so ausgezeichnetes Werk den Witterungseinflüssen nicht ausgesetzt werden sollte, und dass man eine Kopie anfertigen sollte. So wurde der Kunstwert des Werkes und seine Außergewöhnlichkeit für die tschechische Kunst betont. Unabsichtlich wurde so das grundsätzliche Problem des Prager Orlojs angeregt, dass er gar nicht gegen das schlechte Wetter geschützt ist und das betrifft auch alle anderen Teile der Außenverzierung und auch die Werke. Bevor der Stadtrat über die Anfertigung einer Kopie entschied, wurde die Malerei vom Wetter stark beschädigt. Die Kopie fertigte der Maler E. K. Liška an, für einen Preis, der das Mánes Honorar überstieg. Die installierte Kopie wurde wieder in der Silvesternacht des Jahres 1882 feierlich enthüllt und das zusammen mit einer Neuheit, dem Hahn, der zum ersten Mal krähte und mit Flügeln schwang. Vielleicht erinnerte sich jemand von den Gästen der Feier daran, dass der Autor des Originals, der Maler Josef Mánes, schon vor elf Jahren gestorben war.